Die Kommissionierung bildet jeden Mittwoch die unerlässliche Zwischenstation zwischen Feld und Ausgabe. Hier wird das frisch geerntete Gemüse gleichmäßig aufgeteilt, bevor es an in die verschiedenen Ausgabestellen geliefert wird. Aber ganz so einfach ist das nicht immer…
Wir stehen im Hellmese-Hof bei Stommeln. Immer mittwochs ereignet sich hier ab neun Uhr das gleiche Ritual: Mani Kirady tritt durchs Hoftor, grüßt den Bauern („ Wie geht’s Reinhard, alles klar?“ – Antwort: „ Ja und bei dir“ oder so ähnlich) und zieht ihre Turnschuhe an.

Eine halbe Stunde später steht der Hof voller Kisten und Kästen, die Mani aus dem Kühlraum und dem Lager hervorgezogen hat. Die meisten sind turmhoch gefüllt mit Gemüse, sechs stehen leer in Reih und Glied hinter farbigen Schildern, welche Titel tragen wie „Sülz, Tante Olga“, „Ehrenfeld“ oder „Nippes, Tante Olga“. Inzwischen hat Reinhard den Hof mit dem Trecker meistens verlassen. Mani sitzt an einem Tisch am Laptop, in eine Excel-Tabelle vertieft, die sie mit handbeschriebenen Zetteln abgleicht. Gleichzeitig gibt es die eine oder andere neue Person, die stumm in den vollen Gemüsekisten kramt.
Diese lautlose Szenerie – hin und wieder unterbrochen durch einen Hahnenschrei, gackernde Hühner oder eine brüllende Jungkuh – bedeutet: die Verteilung des am Vortag geernteten Gemüses hat begonnen! Die Zahlen, die Mani am Vorabend vom Feld zugeschickt bekommen hatte, müssen mit dem abgeglichen werden, was in den vollen Kisten ist und dann gleichmäßig auf die leeren für die Ausgabestellen verteilt werden.

Zählen, Zahlen merken, umschichten. Nicht immer ist das so problemlos 2:1 möglich, wie für volle und kleine Anteile vorgesehen. Wenn auf dem Feld z.B. 153 rote Bete geerntet wurden, wie viele sollen dann für jedes Solawi-Mitglied ausgegeben werden? Soll jeder Anteil eine bekommen, oder lieber der große Anteil zwei und dafür bekommen die kleinen Anteile je zwei Möhren, weil die für alle auch nicht reichen würden?
Bei dieser heiklen Entscheidungsfindung unterstützen die freiwilligen Helfer*innen Mani am besten durch stilles Zählen, Wiegen und Einsortieren der bereits ermittelten Kontingente. 72 für Südstadt, 21 für Stommeln usw. Hier ist Konzentration unerlässlich. Jede harmlose Ablenkung kann dazu führen, dass man mit dem Zählen wieder von vorne anfangen muss.
Aber die leeren Klappkisten mit ihren bunten Schildern füllen sich allmählich und bilden sechs Reihen mit großen Stapeln. In sechs einzelnen braunen Kisten dahinter sammelt sich ein buntes Gemüse-Gemisch. Hier kommt alles hinein, was beim besten Willen nicht mehr aufgeteilt werden kann oder was zu klein und unansehnlich ist: ab damit in die Geschenk- und Tauschkisten.
Wenn alles gut läuft, ist der Vorgang gegen 12 Uhr mehr oder weniger abgeschlossen. Oft bringt Rainer oder Jan ganz frisch noch Salat vom Feld, aber so, dass jeder Anteil sowieso einen bekommt. Mani hat jetzt die Tabelle fertiggestellt, Gemüse mit einsortiert und schreibt akribisch für jede Ausgabestelle einen Zettel, auf dem die Teilhabenden später ablesen können, was und wieviel von den diversen Gemüsesorten jede*r mitnehmen darf.

Inzwischen ist der Lieferwagen eingetroffen, mit dem wir die Ernte der Woche vom Hof in die Stadt fahren werden. Nils hat den Wagen früh zwischen acht und neun Uhr vom Autoverleih abgeholt und wird ihn am Ende leer dort wieder abgeben. Vorerst müssen nun die vollen Kistenstapel so systematisch in den Laderaum verfrachtet werden, dass sie in der richtigen Reihenfolge ausgeladen werden können.
Bevor Mani den Laptop zuklappt, schreibt sie die allzu bekannte Mail an alle Teilhabenden: „Das Gemüse hat den Hof verlassen und wird bei euch sein um…“
Wenn der Tisch zurückgestellt und alles wieder verstaut ist, tauscht Mani die Turnschuh mit den Riemchensandalen und verlässt den Hof.